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Coronakrise spaltet die Bevölkerung digital

Die Coronakrise hat lediglich einen partiellen Digitalisierungsschub nach sich gezogen, wie eine aktuelle Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB), des Leibniz-Instituts für Bildungsverläufe (LIfBi) und des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt. Profitiert hätten vor allem hochqualifizierte Beschäftigte, die ihre Arbeit im Homeoffice erledigen konnten. Die Polarisierung nach Bildung habe im Vergleich mit der Zeit vor der Pandemie sogar zugenommen. Damit trage Corona zu einer neuen digitalen Spaltung der Erwerbsbevölkerung bei.


Die Studie beleuchtet erstmals für verschiedene Beschäftigtengruppen, wie stark die Pandemie die Nutzung vernetzter digitaler Technologien verändert hat. Dafür befragten die Forschenden im Mai und Juni 2020 repräsentativ rund 1.800 Erwerbstätige. Konkret wurde gefragt, ob digitale Anwendungen wie etwa Cloud-Dienste, Online-Plattformen oder selbstlernende Computersysteme im Vergleich zum Februar 2020 häufiger für die Arbeit Verwendung fanden. Für die Mehrheit der Erwerbstätigen hat der Studie zufolge in den ersten Monaten der Pandemie die Nutzung digitaler Technologien am Arbeitsplatz zugenommen. 50 Prozent gaben an, dass sie diese Technologien zum Zeitpunkt der Befragung häufiger verwendeten als zuvor. 44 Prozent der Befragten taten dies genauso häufig wie vorher. Betrachtet man das formale Bildungsniveau der Erwerbstätigen, zeigen sich allerdings Unterschiede. Während fast 57 Prozent der akademisch Gebildeten angaben, digitale Technologien häufiger zu nutzen, trifft das nur für 49 Prozent Befragten ohne Hochschulbildung zu. Wichtiger als der formale Bildungsgrad seien aber die Tätigkeiten, die Erwerbstätige in ihrem Job ausüben. Die Forscher unterschieden dabei zwischen analytischen, interaktiven und manuellen Tätigkeiten. Beschäftigte mit stark analytisch geprägten Tätigkeiten wie dem Schreiben längerer Texte oder dem Durchführen komplexer Berechnungen erfuhren in den ersten Monaten der Pandemie einen deutlichen Digitalisierungsschub. So gaben 70 Prozent an, digitale Technologien stärker als zuvor zu nutzen. Bei Beschäftigen in stark interaktiven Tätigkeiten wie zum Beispiel der Beratung von Kund:innen oder Patient:innen traf dies auf 63 Prozent der Befragten zu. Dagegen berichten nur 29 Prozent der Erwerbstätigen in stark manuell geprägten Jobs, bei denen körperliche Anstrengungen nötig sind, von einem Zuwachs an Digitalisierung. Die gravierendsten Unterschiede zeigten sich jedoch zwischen Beschäftigten, die im ersten Lockdown zuhause arbeiten konnten, und denjenigen, die weiterhin vor Ort ihrer Arbeit nachgingen. Während 73 Prozent der Beschäftigten im Homeoffice von einer Zunahme der Nutzung digitaler Technologien berichteten, lag dieser Anteil bei denjenigen, die nicht im Homeoffice waren, nur bei 38 Prozent. „Insbesondere das Homeoffice scheint für einen Digitalisierungsschub gesorgt zu haben“, sagt WZB-Forscher Martin Ehlert, einer der Autor:innen der Studie. Im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie zeige sich daher, dass sich die Polarisierung nach Bildungsgruppen während der Pandemie verstärkt hat. Vor Corona bestimmten insbesondere die Tätigkeitsprofile der Beschäftigten, ob die Nutzung digitaler Technologien zugenommen hat. Während der Pandemie erlebten hingegen Akademiker:innen auch unabhängig von ihrer Tätigkeit eine stärkere Digitalisierung. In der Summe habe die Pandemie also nicht wie häufig angenommen zu einer umfassenden Digitalisierung der Arbeitswelt für alle geführt. Stattdessen hätten vor allem akademisch gebildete Beschäftigte, die mehr als vor der Pandemie von zuhause aus gearbeitet hätten, vernetzte digitale Technologien stärker als unmittelbar vor der Krise genutzt. „Diese neue digitale Spaltung der Erwerbsbevölkerung dürfte sich in den vergangenen Monaten weiter verschärft haben“, meint Autor Benjamin Schulz. Eine digitale Spaltung der Erwerbstätigen könnte langfristig auch Folgen für die Weiterbildung haben. „Digitale Technologien werden zunehmend auch für digitales Lernen genutzt. Damit könnten Beschäftigte, die diese Werkzeuge bis heute nicht nutzen konnten, künftig bei der Jobsuche immer mehr ins Hintertreffen geraten“, betont Martin Ehlert. Die Studie beruht auf Daten einer Zusatzbefragung der Startkohorte 6 des Nationalen Bildungspanels unter 1.799 Beschäftigten, die vor Februar 2020 erwerbstätig waren.


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